Wer Oaxaca in Mexiko besucht, sollte auch einen Ausflug ins Dorf Teotitlan del Valle unternehmen. Dort weben Familien nach traditioneller Weise Teppiche. Die Arbeit beginnt mit dem Färben der Wolle.
Zu Patricia führte uns der Zufall. Es begann mit einem Teppich, der in unserem Hotel in Oaxaca auf der Dachterrasse lag und auf dem wir jeden Morgen unsere Yogamatten ausrollten. Dieser, verrieten uns die Betreiberinnen des Hotels, sei aus einem Dorf namens Teotitlan del Valle, nicht weit von der Stadt Oaxaca entfernt. Wir sollen doch einfach hinfahren, ein Besuch sei lohnenswert.
Teotitlan del Valle ist unter den Fans von Kunsthandwerk längst kein Geheimtipp mehr. Es ist eines von mehreren Zapoteken-Dörfern in der Region, wo auf traditionelle Weise Keramik oder Textilien hergestellt werden.
Die Hinfahrt fühlte sich genau so an, wie man sich Mexico ausmalt: staubige Strassen, grelles Sonnenlicht, das auf ausgebleichte Wiesen und verdorrte Felder brennt. Dazu hatte ich mir bei einem Mädchen auf der Strasse Tamales gekauft – Maismehlbrei eingewickelt in Maisblätter, bevor wir mit ein paar Einheimischen ein Taxi teilten.
Das Resultat beim Färben hängt auch von der Person ab, der die Arbeit macht
In Teaotitlan del Valle werden vor allem Teppiche hergestellt. Praktisch jede Familie im Dorf webt und die Suche nach dem Atelier, das uns in Oaxaca empfohlen wurde, stellte sich sehr kompliziert an. Jedenfalls standen wir schlussendlich bei Taller Huella Carmin und lernten Patricia kennen. Was sich als absoluter Glücksgriff erwies. Sie ist die Frau von David, der in fünfter Generation die Weberei führt. Die Familie arbeitet auf traditionelle Weise: Die Schafswolle wird von Hand verarbeitet und mit natürlichen Materialien gefärbt. Dieser Prozess sei eine sehr kopflastige Arbeit, erzählte Patricia. „Das Resultat hängt auch von der Person ab, die die Wolle färbt. Sie gibt ihre Energie in die Arbeit rein.“
Der Familie setzt viel daran, die authentische und traditionelle Arbeitsweise zu bewahren. Als Färbemittel werden Granatapfelschalen, Moose, Pericón (Winterestragon) oder Zapote negro – die Frucht eines Laubbaums, der mit der Kaki verwandt ist. Rote Farbpigmente werden aus der Cochenille-Schildlaus gewonnen, die als Parasiten auf Kaktussen leben.
Lebenserfahrungen, eingewoben in Teppiche
Wenn die selbstgefärbte und gesponnen Wolle dann am Webstuhl weiter verarbeitet werden, brauche es dafür Kopf und Körper, sagt Patricia. Wie gross der physische Einsatz bei dieser Arbeit ist, merkt man rasch, wenn man an einem der Webstühle steht. Die Muster, die unter den Händen der Weber entstehen, erzählen viel woher sie kommen. Es spiegeln sich die nahen Berge in der Arbeit wieder. Dazu kommen die traditionellen zapotekischen Symbolen wie das Auge Gottes (ein auf die Spitze gestelltes Quadrat) oder Treppen, die die verschiedenen Stufen des Lebens bedeuten. Patricia arbeitet ebenfalls an Teppichen. Anders als ihre Schwiegereltern oder anderer ältere Handwerker webt sie in ihren Arbeiten ihre eigenen Lebenserfahrungen mit ein.