Wir haben es Goethe gleichgetan und sind letzten Herbst durch Italien gereist. Statt einer Kutsche bestiegen wir in Roma Termini ein Mietauto. Die Grand Tour führte uns durch Kalabrien und Apulien. Geplant war unsere Route mal wieder – gar nicht. Unterwegs entstanden schnell mehr Pläne, als uns lieb waren. Die Schönheit Italiens macht leicht grössenwahnsinnig, was sich in Erschöpfung und Sightseeing-Manie niederschlägt. Und genau das wollen wir im Urlaub nicht. Also ignorierten wir die Villa d’Este in Tivoli, sind auf der Autobahn an Neapel und der Amalfi-Küste vorbeigebraust (seufz!), haben Bari und Brindisi nicht gesehen. Dafür waren wir in Sapri, Cosenza und Crotone. Hier unsere Tipps:
Kalabrien
Cosenza: Roadtrip-Regel Nummer 1: Pausen sorgen für gute Laune. Die Autobahn Salerno – Reggio Calabria kostet für einmal senza Euro, gehört wohl aber zu den nervigsten Abschnitten in ganz Italien. Seit 50 Jahren wird gebaut und investiert, wie lange die Arbeiten noch dauern, weiss nur die Mafia. Umso mehr erfreut ein Zwischenstop in Cosenza. Einmal die Altstadt hoch und runter schlendern und dann im Grand Caffè Renzellli einkehren. Ganz in der Nähe gibt es sogar ein Museo del Fumetto. Wir waren dummerweise um ein Uhr dort – Zeit für die Siesta in Süditalien. Bis um fünf Uhr geht dann nichts mehr. Gilt auch bei den meisten Geschäften.
Tropea: Ein Heimweh-Besuch. Wir waren schon zweimal in Tropea, dies ist aber schon zehn Jahre her. Die Lage der Altstadt oberhalb des Felsens, die Bucht mit einer kleinen Insel samt Kirche ist schwer zu topen. Leider wissen das alle Schweizer und die Deutschen mit dazu. Beim Nachtessen (egal in welchem Restaurant) sitzt man zwischen Zürchern und St. Gallern. Nach vier Tagen sehnten wir uns wieder nach Italien. Molto bello ist dafür das B&B Al Vecchio Castello. Zum Zimmer gibt es zwei Liegestühle im Lido Acquamarina Beach.
Crotone: Fast wären wir wieder abgereist! Die wenigen Hotels im Zentrum sind zum schaudern. Bei der Fahrt aus der Stadt passierten wir glücklicherweise ein B&B (leider ausgebucht), doch der Besitzer fuhr uns (nach einem Schnaps) zu einem Freund, der in seinem Nisi Bed & Breakfast noch ein Zimmer frei hatte: An der Promenade. Mit Meerblick. Stylish. Am Wochenende verwandelt sich der Lungomare vor dem Haus in die Partymeile von Crotone. Dann sind Ohrenstöpsel oder Mitfeiern nicht falsch. Neben der Altstadt mit dem tollen, täglich stattfindenden Fisch- und Gemüsemarkt ist auch die Küste rund um das Capo Colonna sehenswert. Für Freunde des italienischen Calcio: der FC Crotone spielt neuerdings (wenn auch nur mässig erfolgreich) in der Serie A.
Apulien
Taranto: Ob Quentin schon mal hier war? Wir würden es ihm empfehlen. Die Altstadt liegt auf einer Insel und ist durch Brücken mit dem neuen Teil verbunden. Viele Häuser werden nicht mehr bewohnt und sind am zerfallen. In der Nähe der Universität ändert sich dies. Der kleine Platz ist lebendig und gepflegt. Wir haben gleich gegenüber im B&B Buonanotte Margherita übernachtet. Als wir unseren Rundgang durch die Altstadt begannen, war es schon dunkel, die engen Gassen und maroden Häuser wirken dann wie eine Filmkulisse für Oliver Twist. Der letzte Rundgang im Castello Aragonese, am Kanaleingang zur Altstadt, beginnt um 1.30 Uhr. Es wir von der italienischen Marine verwaltet und der Besuch kostet nichts – allerdings ist die Tour (egal zu welcher Tageszeit) eher zum gähnen, auch wenn der Mann von der Marine eine knackige Uniform trägt.
Ostuni: Wir befinden uns nun mitten im touristischen Epizentrums Apuliens. Umgeben von einem Meer aus Olivenbäumen und leicht erhöht auf eine Hügel gelegen, ist das Städtchen mit seinen weissen Häusern einfach unglaublich schön. Mitte Oktober hält sich der Besucher-Ansturm glücklicherweise in Grenzen, einige der Souvenir-Shops und Restaurants sind bereits geschlossen. Erst auf der Piazza bei Garibaldi ein Cappucino und ein Cornetto (= italienisches Frühstück) zu sich nehmen und dann die Altstadt hochspazieren.
Pogliano a Mare: „Vooolaaare ohoh…“ hat uns kürzlich ein italienischer Tourist in Zürich vorgesungen und meinte damit diese Stadt. Schlagersänger (und später auch Politiker) Domenico Modugno ist hier geboren. Spektakulär klebt die Altstadt hoch über den Klippen, darunter das Meer und eine idyllische Bucht. Perfektes Ziel für einen kurzen Ausflug.
Fasano: Unaufgeregtes, untouristisches Örtchen. An sich kein Tipp, wenn nicht in der Nähe die Masseria Alchimia wäre, wo wir eine Woche verbracht haben. Absolut empfehlenswert und idealer Ausgangspunkt um Apulien zu entdecken. Mehr dazu hier.
Monopoli: Viel Geld auszugeben, ist hier nicht zwingend. Wir haben auf der Piazza Giuseppe Garibaldi Geburtstag gefeiert. Schön romantisch ist das Vini & Panini, leckere Gelati gibt es bei Caruso. Gleich um die Ecke ist der kleine alte Hafen von Monopoli, wo die Fischer abends am lamentieren sind. Als wir dort waren, fand gleich die Fotoausstellung PhEst statt.
Latium
Rom: Der Abschluss unseres Road-Trips. Nach 2500 Kilometern gaben wir unseren hässlichen aber zuverlässigen Citroen Picasso zurück. Wir sind fünf Tage geblieben und haben die Stadt zu Fuss entdeckt. Rom ist DIE Stadt für Flaneure! Man bewegt sich in einem riesigen Freilichtmuseum, überall gibt es hübsche Gebäude und Häuser zu entdecken, dazwischen gönnt man sich einen Caffè und ein süsses Irgendwas und weiter gehts… ! Wer antizyklisch denkt, kann sich an den übelsten Touristenschwärmen vorbeimanöfrieren – das Kolosseum hat bis um 22 Uhr geöffnet, abends um fünf sind die Schlangen vor dem Petersdom deutlich kürzer. Unsere Bleibe im Generator Hostel war okay, ein zweites Mal würden wir dort nicht einchecken (harte Betten, kaltes Zimmer). Eine Magendarmgrippe hat uns den letzten Tag versaut und damit einen Besuch im Quartier Testacchio.