Und irgendwann kommt der Moment, in dem man in die Königsklasse Sauerteig aufsteigen möchte. Ganz easy geht das nicht. Aber ich arbeite daran und habe auch schon ein paar wichtige Dinge gelernt.
Nach einigen mehr oder weniger gelungenen Selbstversuchen (es gibt jede Menge Literatur zum Thema Sauerteig) besuchte ich vor drei Monaten einen Kurs bei Sara Witmer im Mühlerama in Zürich. Es war zwar bloss ein Abend, aber für mich als Starthilfe perfekt. Während wir ein einfaches Brot herstellten, erklärte Sara die Grundlagen vom Backen mit Sauerteig. Eine Woche nach dem Kurs erhielt dann jeder während sieben Tagen Mails, um Schritt für Schritt eine eigene Sauerteig-Kultur (Anstellgut genannt) anzusetzen. Mehr als Wasser und Mehl dazugeben oder gut umrühren muss man nicht tun – aber es ist doch sehr komfortabel, wenn man immer wieder per Mail daran erinnert wird! Wenn der Sauerteig mal gezüchtet und als Anstellgut im Weckglas im Kühlschrank steht, beginnt die eigentliche Arbeit, hier meine bisherigen Erkenntnisse:
– Dranbleiben: meine ersten Sauerteigbrote schmeckten okay, aber verglichen mit der Arbeit, die ich dafür investierte, eher enttäuschend. Aber, der junge Sauerteig braucht Zeit um stark und aromatisch zu werden. Darum weghören wenn der Mann sagt: „Ganz nett, aber ans No-Knead-Brot kommt das nicht heran.“
– Das Anstellgut im Kühlschrank die ersten Monate jede Woche auffrischen: 1 EL mit 40 g Mehl und 40 g lauwarmem Wasser mischen und so lange stehen lassen, bis es Bläschen bekommen und sich vergrössert hat (das dauert mindestens sechs bis acht Stunden). Dieses verjüngte Anstellgut kommt wieder in den Kühlschrank oder man backt gleich damit.
– Ich habe mich für Weizensauerteig entschieden, weil ich luftiges Brot mit grossen Löchern mag. Das typische norddeutsche, eher schwere Brot basiert auf Roggenmehl. Der Weizensauerteig ist aber ein typischer Südländer und mag Wärme. Jetzt im Sommer funktioniert das wunderbar, im Winter hilft eine Heizung und (noch) mehr Zeit zum Gehen.
– Wenn wir beim Thema Zeit sind: Backen mit Sauerteig muss gut geplant sein. Ich rechne mit zwei Tagen: Ein Tag Vorbereitung (Sauerteig aktivieren, Vorteig machen) und dann am zweiten Tag das eigentliche Brotbacken. Währenddessen bleibt man am besten in Küchennähe. Home office oder Blog-Einträge schreiben lassen sich aber bestens mit dem Backen verbinden.
– It’s just a feeling: der Sauerteig ist eine Diva und sehr wetterfühlig. Er sagt, wenn er ready ist – und mit der Zeit versteht man sich immer besser.
– Es stinkt! Während des Züchten des Sauerteigs, wenn die Hefebakterien recht aktiv sind, gibt es eine olfaktorisch heikle Phase. Hebt man den Decke, riecht es in der ganzen Küche nach Erbrochenem. Das ist normal. Da muss man durch.
– Ein Brotrezept auswählen und sich daran abarbeiten bis man den Master hat: Ich verwende jenes aus dem Kurs. Es ist von Lutz Geisser und seinem Rezept für Reines Weizensauerteigbrot ähnlich. Für den Anfang, wenn der Sauerteig noch nicht so stark ist, beim Autoanalyseteig 2g Hefe beigeben.
Anleitung für einen Sauerteig (Anstellgut)
Eine grosse Teigschüssel nehmen, da täglich Masse dazukommt. Die Schüssel jeweils gut abdecken und an einem warmen Platz in der Wohnung stehen lassen.
Montag:
Abend: In einer Schüssel 100g Mehl und 100g Wasser zu einem zähflüssigen Teig vermischen. Abdecken und an einem warmen Ort stehen lassen.
Dienstag:
Morgen: den Teig mit einem Schwingbesen gut durchrühren.
Abend: Füttern: 100g Mehl und 100g lauwarmes Wasser zum Teig geben und gut mischen.
Mittwoch:
Morgen: den Teig mit einem Schwingbesen gut durchrühren.
Abend: Füttern: 100g Mehl und 100g lauwarmes Wasser zum Teig geben und gut mischen.
Donnerstag:
Morgen: den Teig mit einem Schwingbesen gut durchrühren.
Abend: Füttern: 100g Mehl und 100g lauwarmes Wasser zum Teig geben und gut mischen.
Freitag:
Morgen: den Teig mit einem Schwingbesen gut durchrühren.
Abend: Füttern: 100g Mehl und 100g lauwarmes Wasser zum Teig geben und gut mischen.
Samstag:
Morgen: den Teig mit einem Schwingbesen gut durchrühren.
Nachmittag/Abend: 100 g vom Teig in eine Glas abfüllen, das ist nun das Anstellgut. Mit dem Rest ein Brot backen (das Rezept kann ich bei Wunsch schicken.)